Interview: DJI-Avinox & EU-Debatte um E-MTB-Power

Ferdinand Wolf von DJI im Interview
„Der Markt brauchte einen Weckruf.“

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Veröffentlicht am 19.07.2025
„Der Markt brauchte einen Weckruf.“
Foto: Chris Pauls

Unser Interviewpartner kommt von einem Unternehmen, das ursprünglich für ganz andere Höhenflüge bekannt war und nun mit beiden Rädern fest auf dem Boden der MTB-Welt angekommen ist: DJI.

Der Marktführer im Drohnenbereich hat im Herbst 2024 mit einem eigenen E-Bike-Antrieb und einer komplett neuen Bike-Marke für ordentlich Aufsehen gesorgt. Warum? Weil der Avinox-Motor nicht nur durch sein cleanes Design beeindruckt, sondern auch durch beeindruckende Leistung: 1000 Watt und 120 Nm – und das dauerhaft.

Kein anderer Antrieb im E-MTB-Bereich bietet derzeit so viel Power. Gleichzeitig geht es heute auch um einen Gesetzesvorschlag auf EU-Ebene, der gerade kontrovers diskutiert wird. Dieser schlägt eine gesetzliche Obergrenze von 750 Watt Leistung bei maximal 400 Prozent Unterstützung vor – eine Regelung, die viele Fragen aufwirft. Was bedeutet das für Hersteller wie DJI? Könnte der Avinox-Motor sogar bald verboten werden? Was sind die Ziele von DJI im E-Bike-Segment?

Wie kam es überhaupt dazu, dass DJI – als Drohnenhersteller – plötzlich in den E-Bike-Markt einsteigt?

Das war ein Mix aus technischer Neugier, strategischer Weitsicht und Leidenschaft fürs Biken. Wir bei DJI haben schon lange alle nötigen Kompetenzen inhouse: Sensorik, Software, Motorsteuerung, Energiemanagement. Als intern die Idee für ein E-Bike-System aufkam, war ich sofort Feuer und Flamme – auch weil ich selbst seit Kindheit Mountainbike fahre. Ab 2022 ging es dann richtig los, zur Eurobike 2023 haben wir erste Prototypen gezeigt – 2024 kam der große Launch mit Avinox und der BikeMarke Amflow.

Warum habt ihr euch direkt für so viel Leistung entschieden – 1000 Watt, 120 Newtonmeter?

Ganz einfach: weil wir’s konnten – und weil wir zeigen wollten, was technisch möglich ist. Wir haben nicht nur Leistung draufgepackt, sondern diese auch kontrollierbar gemacht. Unser System fährt sich natürlich, präzise, intuitiv. Die hohe Leistung ist verfügbar, wenn man sie braucht, aber sie steht dir nie im Weg.

Derzeit diskutiert die EU eine Obergrenzevon 750 Watt – was würde das für euch und eure Kundschaft bedeuten?

Das sehen wir kritisch. Warum 750 Watt? Wo ist die Datengrundlage? Für uns steht fest: Sicherheit hängt nicht an der Wattzahl, sondern an der Systemkontrolle und Nutzerverantwortung. Unser System lässt sich softwareseitig beliebig drosseln – durch den Hersteller, in der Produktion oder auch durch den Nutzer selbst via App. Sollte eine Regulierung kommen, können wir das sofort technisch umsetzen. Und: Für alle bereits verkauften Räder mit unserem Antriebssystem gilt nach aktuellem Stand Bestandsschutz. Niemand muss sich Sorgen machen, dass sein Bike plötzlich nicht mehr erlaubt ist.

Was unterscheidet euer System abseits der reinen Leistung – wo liegen die echten Besonderheiten?

Klar, die 1000 Watt machen Eindruck – aber was die Leute wirklich begeistert, ist das Gesamtsystem. Wir bieten z. B. Schnellladen mit 500 Watt – das Akku-Ladegerät ist nicht größer als bei anderen, wird nicht heißer und lädt doppelt so schnell. Dazu kommt unser vollwertiges Touchdisplay, das es erlaubt, ohne App die Modi zu konfigurieren. Und vor allem: das Fahrgefühl. Dank eines hochauflösenden Geschwindigkeitssensors mit 42 Messpunkten am Hinterrad erkennen wir Schlupf oder Beschleunigungsunterschiede extrem fein – viel präziser als die klassischen Magnetsysteme. Dadurch fühlt sich die Unterstützung supernatürlich an.

Ist DJI denn auch bereit für den Massenmarkt – und wie viele Hersteller setzen aktuell auf euren Antrieb?

Absolut. Anfangs waren die Stückzahlen noch überschaubar, was bei einem völlig neuen System normal ist. Aber wir kommen aus der Consumer-Elektronik. In Shenzhen haben wir Zugang zu Top-Fertigung und Know-how. DJI hat jahrzehntelange Erfahrung darin, Hightech-Produkte in großem Maßstab zu produzieren – wir wissen, wie man Produktionskapazitäten dynamisch hochfährt. Seit der Eurobike 2024 ist die Nachfrage stark gestiegen, wir haben sofort reagiert. Aktuell arbeiten wir mit über einem Dutzend Marken zusammen – darunterAmflow, Forbidden, Unno, Rotwild, Megamo, Commencal und Crestline. Weitere Hersteller stehen bereits in den Startlöchern. Wir sind bereit – technisch, logistisch und strukturell.

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