Weniger ist manchmal mehr, sagt man. Und gerade im Stadt- und Kurzstrecken-Pendelverkehr mit dem Rad würden wir dem generell zustimmen. Doch stimmt das auch in der Praxis? Wir haben uns daher das mit 2399 Euro preisattraktive Tenways CGO 009 mit seinem One-Size-Starrrahmen einmal näher angesehen – und haben nach vielen Testkilometern ein klares Fazit gefunden.
Formschön, aber schnörkellos
Im besten Sinne schnörkellos – und doch formschön, kommt der One-Size-Alu-Rahmen des Tenways daher. Die Gabel? Starr. Das Heck? Ebenfalls. Federnde Sattelstütze? Nicht vorhanden. Das Frontlicht ist direkt ins Steuerrohr eingelassen, das Rücklicht ist ins Sitzrohr integriert. Eine kleine Akku-Anzeige ist auf dem Oberrohr zu finden, eine minimalistische Fernbedienung steuert das Rad. Cool: Die beiden Bremsleitungen laufen ins Steuerrohr hinein – waren an unserem Testrad aber nicht perfekt verlegt. Einen dicken Mittelmotor sucht man ebenfalls vergebens, der kleine Antrieb aus eigenem Hause steckt im Hinterrad und wird direkt über einen Carbon-Riemen angesteuert. 45 Nm hat der kleine Motor, das ist im Reigen der Nabenmotoren okay und reicht trotz alledem für die Pedelec-typische 25-km/h-Grenze. Auch bei der Schaltung zieht sich das Minimalismus-Konzept weiter: Das CGO 009 ist als "Single Speed" aufgebaut, hat also keine Gangschaltung. Stattdessen setzen die Niederländer auf ein riesiges Kettenblatt vorn. Im flachen, so viel so vorweggenommen, ist das kein Problem, hier kriegt man schnell und mit relativ wenig Muskelkraft entsprechende Kurbelumdrehungen umgesetzt. Doch wenn's bergauf geht, muss aber der Motor logischerweise umso kräftiger unterstützen – was zulasten des Akkus geht.
Minimalistisches Cockpit, gute App
Der fällt mit 374 Wattstunden klassentypisch aus. Eine dreiphasige Akku-Anzeige hält der kleine Controller am Lenker oder die LED-Balken im Oberrohr bereit. Statt auf ein Display setzt Tenways auf eine eigene, schick gestaltete und funktionale App. Das Smartphone soll dabei dank Echtzeit-Datenanzeige im Alltag einfach auf dem Vorbau thronen und zentral über Geschwindigkeit und Co. informieren. Eine Halterung für SP-Connect-Hüllen ist im Vorbau eingelassen, eine passende Hülle kostet je nach Smartphone rund 20 Euro. In der App kann das E-Bike dann auch gesichert werden – drei Jahre "Smart Connect" sind im Kaufpreis enthalten. Gemeldet werden Diebstahlversuche oder Umfaller, ein GPS-Tracking ist innerhalb der App möglich. Das funktionierte in der Praxis tatsächlich auch sehr gut – echten Diebstahlschutz ersetzt das aber natürlich nicht. Schade: Schraubpunkte für Flaschenhalter und/oder Schloss hat der Rahmen leider nicht, wir mussten uns mit Kabelbindern helfen.
Im Alltag gefahren: Tenways CGO 009
Gast-Testfahrer Robert Glück fühlte dem Tenways sowohl im eher hügeligen Stuttgart als auch im flachen Brühl auf den Zahn. In seiner Wahlheimat in der Nähe von Köln brillierte das CGO 009, denn in Bewegung gebracht, gefällt es mit guter Fahrstabilität, tadellosem Geradeauslauf und einem bequemen Sattel. Trotz "nur" 45 Nm Drehmoment zieht der kleine Nabenmotor gut an, sofern das CGO bereits rollt. Aus dem Stand heraus ist hier die große Kurbelübersetzung hinderlich, leichte Abhilfe schafft dann der Boost-Knopf. Kleine Uphills in und um Stuttgart meistert das City-Rad noch souverän, ein Kletterspezialist ist das E-Bike aus Holland aber logischerweise nicht. Insgesamt sitzt man eher erhaben auf dem One-Size-Rahmen, der stark gekröpfte Lenker sieht zwar entspannt aus, greift sich aber eher anstrengend. Keine großen Freunde wurden Robert und das Frontlicht: Das leuchtet vergleichsweise mau und wird, je nach Lenkeinschlag, von der Bremsleitung zusätzlich behindert. Löblich hingegen: trotz Minimalismus-Ansatz ist das Tenways ein stabiler Begleiter: 122 Kilo Zuladung sind prima, das gemessene Gewicht von 23 Kilo geht in Ordnung. Schade wiederum: Die verbaute Tektro-Bremse mit ihren zwei 160er Discs bremst eher schlapp und braucht Handkraft. Für leichte Piloten ist die Bremsleistung in Ordnung, schwerere sollten größere Scheiben und schärfere Beläge in Betracht ziehen.
Test-Fazit: Tenways CGO 009
Das Tenways versteht sich als City-Rad für eher flache Gefilde – und ist dort beim Mitschwimmen im Verkehr ein netter Hingucker. Je nach Gefilde ist dabei die dicke Kurbelübersetzung hinderlich, die kurze Ampelsprints spürbar ausbremst. Auch das eher maue Licht ist in der City klar kritikwürdig. Gleiches gilt für die nach viel Handkraft verlangende und vergleichsweise stumpfe Tektro-Bremse, hier könnten schärfere Beläge und größere Discs jedoch schnell Abhilfe schaffen. Lob gibt es für die gut funktionierende App samt genauer Standortbestimmung, ärgerlich sind hingegen die fehlenden Anschraubpunkte für Flaschen oder ein Faltschloss. Für stilbewusste Radfahrer mit kurzen Strecken kann das Tenways dennoch genau die richtige Wahl sein – wenn man mit diesen Mankos leben kann.
Punkte: 604 // Note: befriedigend
👍 Das gefällt
- überaus stylisches, minimalistisches City-Rad
- quasi wartungsfreier, sehr leiser Antrieb
- praxisnah und sinnvoll ausgestattet ...
👎 Das weniger
- ... Lichtleistung aber insgesamt mau
- Ein-Gang-Antrieb im hügeligen Geläuf nicht ideal
- Bremse benötigt Handkraft
- Ampelsprints wegen dicker Übersetzung schwerfällig
💗 Das perfekte Rad für ...
- für style-bewusste Pendler mit dem Wunsch nach einem ausgefallenen E-Bike