Ridley E-Grifn E-Gravelbike im Test: Gravel-Tourer mit Mahle-Rückenwind

Ridley E-Grifn E-Gravelbike im Test
Das kann der E-Gravel-Tourer im Alltag & Ausfahrt

Veröffentlicht am 03.08.2025

Graveln ist in Mode – die Zwitter aus Rennrad und Mountainbike erfreuen sich seit der Corona-Pandemie größter Beliebtheit und haben alleine in Deutschland einen Marktanteil von sagenhaften 6,5 Prozent. Tendenz? Natürlich steigend! Aber: Elektrisierte Gravelbikes haben die Welt bislang nicht erobern können. Zeit, dass sich das ändert? Wir haben uns das Ridley E-Grifn aus Belgien zu 5499 Euro im Alltag unter die Lupe genommen. Noch günstigere E-Bikes haben wir hier in der Test-Zusammenfassung.

Moritz Schwertner, Redakteur BikeX
Moritz Schwertner
BikeX-Redakteur und E-Bike-Experte

Kurz & knapp: Ridley E-Grifn Gravel

  • E-Gravelbike mit Mahle X20 Nabenmotor
  • 55 Nm stark, 250 Watt Dauerleistung, max. 25 km/h Unterstützung
  • 350-Wh-Akku integriert, 171 Wh Range-Extender optional
  • Carbon-Rahmen mit touristischer Geometrie
  • vier Modelle von der Stange, vier weitere konfigurierbar
  • Preis: ab 5499 Euro (Testrad)

Wo steckt denn hier der Motor?

Da muss man schon genau hinsehen, so gekonnt kaschieren die Belgier das E-Dasein ihres E-Grifn. Wer denkt, der Motor steckt im Tretlager, irrt nämlich – der sitzt in der Hinterradnabe. Das System stammt von Pkw-Zulieferer Mahle und hört auf den klangvollen Namen X20. Er leistet für die Klasse eher kräftige 55 Newtonmeter Drehmoment, zur Spitzenleistung machen die Stuttgarter hingegen keine Angaben. Logisch: Die gesetzlich geforderten 250 Watt Dauerleistung und Unterstützung bis zur 25-km/h-Schwelle bringt auch der kleine Nabenmotor zustande. Zwei Akkus bietet Mahle als Stromlieferanten an – 250 oder 350 Wattstunden – wobei letzterer in unserem Ridley steckt. Das klingt bei mittlerweile 800 Wattstunden bei Bosch-E-Bikes nach wenig, ist es für die Klasse aber nicht. Denn: Bei "Light-E-Bikes" steht die Eigenleistung im Vordergrund, der Motor soll nur bei harten Anstiegen unterstützen und so die Herzfrequenz etwas im Zaum halten. Ob das klappen kann?

Grundsolide Ausstattung

An dieser Stelle ist das Ridley wieder ganz typisch Gravelrad. Der Rahmen? Natürlich aus formschönen Carbon! Geschaltet? Wird mit grundsolider Shimano-Hardware. Zum Einsatz kommt eine Mischung aus der Gravelgruppe GRX auf 600er- und 800er-Niveau, was in etwa den klassischen Rennradgruppen 105 und Ultegra entspricht. Zwei Mal zwölf Gänge bietet diese Kombi, dank 36er-Rettungsring kann man auch mal ohne Motor die letzte Steigung vor der nächsten Steckdose nehmen. Die Bremse ist wie üblich aus demselben Konzern, beißt bei unserem Testrad aber in Srams Centerline Bremsscheiben mit 160er-Durchmesser. Untypische Kombi, für die Klasse jedoch eine typische Größe. Das gilt auch für den 420 mm breiten, griffig-dicken Alu-Lenker. Als Reifen setzen die Belgier auf Gummis von Vittoria, die "Terreno" getauften Rundlinge sind gute Allrounder für Schotter und Straße, aber keine Matsch-Spezialisten.

Im Alltag gefahren: Ridley E-Grifn Gravel

Also eingeklickt und losgetourt. Was auffällt: Das Ridley ist nicht übermäßig lang, die Front sogar eher hoch. Rassig wie ein Rennrad ist das nicht, wir würden die Sitzposition eher als touristisch aufrecht bezeichnen. Das passt gut, denn dank des für Nabenmotor-Verhältnisse vergleichsweise großen Akkus kann man reichlich Meter machen. Unsere Feierabend-Testrunde um Stuttgart quittierte das System trotz einiger fieser Anstiege mit rund 40 % Akkuverlust auf etwas über 45 Kilometern mit rund 700 Höhenmetern. Das geht voll in Ordnung, zumal wir bei zwei Anstiegen mit dem "Turbo"-Modus die Beine etwas entlasten mussten.

Insgesamt ist der Motor aber kein Kraftmeier wie beispielsweise Boschs Light-Primus SX – der X20 säuselt lieber unauffällig nebenher und ist quasi unhörbar. Er ist trotz angegebener 55 Nm nicht der stärkste Motor im E-Bike-Reigen, besonders an supersteilen Anstiegen fehlt ihm merklich Schubkraft. Dafür geht er umso harmonischer und unmerklicher zur Arbeit, dagegen ist die Konkurrenz von nebenan deutlich ungehobelter. Und die Peripherie? Infotainment-Freunde werden ein richtiges Display vermissen, Puristen sich hingegen über das dezente LED-Multifunktionsband auf dem Oberrohr freuen. Als grobe Info-Ebene reicht das, zur Not muss man mit der App den genauen Akkustand auslesen.

Ansonsten fährt sich das Ridley wie ein typisches Gravelbike – und das ist gut so. Die verbaute Zweifach-GRX auf 105er-Niveau schaltet mechanisch, praktisch, gut, ist ein echter Dauerläufer und im Unterhalt günstig. Die etwas wilde Kombi aus Shimano Bremszangen und Sram-Centerline-Scheiben haben wir so noch kein zweites Mal gesehen, funktionierte aber selbst im Talsturz jenseits der 60 km/h prima.

Blöd nur: Nur 111 Kilo Systemgewicht gibt Ridley an – ein Wert, der sich aus dem Radgewicht plus Fahrer und Gepäck zusammenbaut. Somit darf man das E-Grifn mit gerade einmal 97,6 Kilo beladen, kein Wunder also, dass das Rad keine Schraubpunkte an der Gabel hat. Auch ärgerlich: Anders als bei größeren E-Bikes üblich kann man den Akku nicht einfach per Klappe entnehmen. Ist das ein Dealbreaker? Jein. Wer ebenerdig wohnt, kann das Rad gut und gerne flott in der Wohnung laden – oder muss die vergleichsweise sehr leichten 13,4 Kilo durch den Hausflur schleppen. Ideal ist in unseren Augen aber beides nicht.

Test-Fazit: Ridley E-Grifn Gravel

👍 Das gefällt

  • schön gestylter Voll-Carbon-Rahmen
  • sehr leicht (13,4 Kilo)
  • harmonischer, erfreulich kräftiger Motor
  • je nach Einsatzzweck gute Akku-Ausdauer
  • tadellose, wenn auch vergleichsweise einfache Ausstattung

👎 Das weniger

  • keinerlei Display
  • App vergleichsweise altbacken
  • mit 5499 Euro kein Schnäppchen
  • zu geringe Zuladung

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