Überraschende Erkenntnisse zu MTB-Verletzungen

Neue Studie
Radfahrer MIT Rücken- und Knieprotektoren haben ein erhöhtes Unfallrisiko

Zuletzt aktualisiert am 12.06.2024
Neue Studie zu Mountainbike-Verletzungen
Foto: simonkr / Getty Images

Dem hohen Verletzungsrisiko ihres Sports sind sich die meisten Mountainbiker wohl bewusst – traditionell gehört das (Ab-)Fahren auf schmalen, steinigen Trails zu den crashanfälligsten Sportarten. Aber mittlerweile gibt es gute Protektoren für Kopf, Torso, Ellenbogen und Knie. Aber wie gut schützt welches Equipment wirklich?

Dieser Frage hat sich eine neue Studie der Klinik Diakonissen Schladming in Kooperation mit der FH Oberösterreich, Bikepark-Betreibern und der lokalen Bergrettung angenommen. Im Rahmen der Saison 2023 wurden die Ausrüstung und Verletzungsmuster von Mountainbikern untersucht. Insgesamt flossen 364 Datensätze in die Studie ein.

Höhere Unfallwahrscheinlichkeit MIT Knie- und Rückenprotektoren

Festgestellt wurde zunächst, dass das Geschlecht bei der Unfallhäufigkeit keine wesentliche Rolle spielt, und dass die meisten Biker, die nach einem Sturz ins Krankenhaus mussten, zwischen 20 und 30 Jahren alt waren. Bei der Wirkung der Schutzausrüstung schließlich fällt auf, dass Biker, die bestimmte Protektoren trugen häufiger im Krankenhaus landeten – nämlich Knieschützer und Rückenprotektoren.

Dies erscheint zunächst kontraintuitiv, bestätigen die Autoren der Studie. Sie vermuten eine erhöhte Risikobereitschaft aufgrund des Tragens von entsprechender Schutzausrüstung. Diese Vermutung wird dadurch gestützt, dass Bikerinnen und Biker mit Rückenprotektor zwar weniger Verletzungen im geschützten Bereich des Oberkörpers (inkl. Wirbelsäule) aufweisen, dafür aber deutlich mehr Verletzungen im Bereich der oberen und unteren Extremitäten sowie im Kopfbereich. Es zeigt sich aber auch, dass ein Rückenprotektor in der Lage ist, vor Frakturen im Bereich des Oberkörpers zu schützen. Ein ähnliches Bild ergibt sich für Protektorenjacken.

Vergleich der getragenen Ausrüstung zwischen Verunfallten und nicht verunfallten Mountainbikern (in %).

Grundsätzlich gilt aber natürlich: Schutzausrüstung beim Mountainbiken ist extrem wichtig, um schwere Verletzungen zu vermeiden. Darauf weisen auch Primar Dr. Mattiassich und OA Dr. Bischofreiter, zwei österreichische Ärzte und Mit-Autoren der Studie, hin. Sie empfehlen außerdem, bei beginnender Müdigkeit lieber auf eine Abfahrt zu verzichten und das verdiente Bier erst nach dem Biken trinken.

Professor Harry Kindermann, ebenfalls Mit-Autor der Studie und selbst aktiver Marathon-Fahrer, überraschten beim Blick auf die Zahlen zwei Aspekte besonders:

"Zum einen, dass es bei der relativen Verletzungshäufigkeit keine relevanten Unterschiede zwischen Frauen und Männern gibt, und zum anderen, dass die Schuld an den Unfällen im Großen und Ganzen nicht anderen Ursachen zugeschrieben wird, sondern bei sich selbst gesucht wird. Dies zeugt von einem doch recht realistischen Selbstbild – was für die Community spricht!"

Knieprotektoren schützen wenig

Interessant erscheint außerdem, dass Knieprotektoren keine relevante Schutzfunktion attestiert werden kann. Im Gegensatz dazu schützen Schienbeinschützer erwartungsgemäß vor allem die Schienbeine vor Verletzungen. Daraus kann möglicherweise geschlossen werden, dass im Downhillbereich Knieverletzungen etwas weniger wahrscheinlich sind als Schienbeinverletzungen.

Größtes Unfallrisiko auf Downhill-Bikes

Aber auch das Fahrrad selbst spielt eine Rolle. So ist erkennbar, dass Bikerinnen und Biker, die mit einem Downhill-Bike unterwegs sind, dem höchsten Unfallrisiko ausgesetzt sind. Das geringste Risiko haben nach den vorliegenden Daten Fahrerinnen und Fahrer, die mit einem Freeride-Bike fahren.

Auch die Ausdauer spielt beim Unfallgeschehen eine beträchtliche Rolle. So zeigt sich, dass bei einer Fahrzeit zwischen zwei und vier Stunden die meisten Unfälle passieren. Dabei sind wiederum Personen ab dem dreißigsten Lebensjahr am häufigsten betroffen.

6 Sicherheitstipps für Mountainbiker

Wer nach dieser Lektüre nun paranoid vor möglichen Verletzungen ist, für den haben die Autoren der Studie sechs Sicherheitstipps formuliert.

  1. Pedalwahl: Klickpedale im Downhill-Bereich vermeiden und Flatpedale bevorzugen.
  2. Schutzausrüstung: Trage stets eine vollständige Schutzausrüstung, einschließlich Fullface-Helm, Handschuhe und geeignete Protektoren für Rücken und Schienbeine.
  3. Trailauswahl: Passe deine Fahrweise und Ausrüstung dem Schwierigkeitsgrad des Trails an. Besonders rote Trails weisen eine höhere Unfallrate auf. Eine gute Vorbereitung kann Unfälle verhindern. Und es muss nicht immer die steilste Strecke sein mit den höchsten und weitesten Sprüngen.
  4. Ermüdung: Achte auf deine Kondition und Konzentration. Mache Pausen, um Ermüdung zu vermeiden.
  5. Training: Eine gute Fahrtechnik kann nicht nur die eigene Performance verbessern, sondern auch Verletzungen vorbeugen. Regelmäßiges Technik-Training hilft, sicherer zu fahren.
  6. Kein Alkohol: Biken und Alkohol passt nicht zusammen! Fahren unter Alkoholeinfluss erhöht das Unfallrisiko erheblich. Verzichte auf Alkohol, wenn du auf den Trails unterwegs bist.

Fazit: ganzheitliche Sicherheit auf dem Bike

Obwohl Schutzausrüstung grundsätzlich zu empfehlen ist, zeigt die Studie, dass Sicherheit beim Fahrradfahren eine ganzheitliche Betrachtung erfordert. Neben der richtigen Ausrüstung sind auch das Verhalten und die Selbsteinschätzung der Fahrer entscheidend. Durch eine Kombination aus geeigneter Schutzausrüstung, bewusstem Fahren und ständiger Aufmerksamkeit auf den Trails können Fahrradfahrer das Unfallrisiko deutlich reduzieren und somit sicherer unterwegs sein.