Fahrrad.de hat neuen Eigentümer

Gründer René Köhler übernimmt wieder
Fahrrad.de hat neuen Eigentümer

Zuletzt aktualisiert am 04.04.2024
Neuer Eigentümer von Fahrrad.de
Foto: Fahrrad.de

Nachdem es lange unklar war, wie es mit der insolventen Internetstores GmbH (Addnature, Bikester, Brügelmann, Campz, Fahrrad.de, Probikeshop) weitergeht, scheint jetzt eine Lösung zumindest für die Fahrradsparte gefunden zu sein.

Internetstores-Insolvenzverwalter Christian Gerloff gab bekannt, dass eine Vereinbarung zum Verkauf der Vertriebsplattformen Fahrrad.de und Bikester abgeschlossen wurden. Ab dem 1. Mai 2024 wird eine Gesellschaft des Stuttgarter Unternehmers René Marius Köhler die neue Eigentümerin werden.

René Köhler hatte Fahrrad.de 2003 gegründet

Köhler hatte Fahrrad.de 2003 im Alter von 20 Jahren gegründet und 13 Jahre als CEO geführt. Er galt damit in der Branche als erfolgreichster Junggründer Deutschlands. 2016 verkaufte er die Internetstores GmbH an die Signa Group von René Benko.

Köhler betreibt heute die Koehler Group, ein Investment- und Immobilienunternehmen in Stuttgart.

Online-Shop und Ladengeschäfte werden übernommen

Laut dem Branchenmagazin RadMarkt will Köhler mit einer eigens für die Übernahme gegründeten Gesellschaft Fahrrad.de Bikester GmBH den Online-Shop Fahrrad.de und vier der fünf stationären Geschäfte in Deutschland übernehmen. Damit gibt es wohl eine Zukunft für die Fahrrad.de-Geschäfte in Stuttgart, Düsseldorf, Dortmund und Hamburg. Wie und ob es in Berlin weitergeht, ist noch unklar. Über die finanziellen Einzelheiten der Transaktion sei Stillschweigen vereinbart worden.

Insolvenzverwalter Gerloff erklärte in einem Statement:

"Fahrrad.de und Bikester sind starke Marken mit einem treuen Kundenstamm. Ich freue mich, dass die Marken weiter bestehen werden und sich Bike-Enthusiasten auch künftig über die gewohnten Adressen für ihren Sport ausrüsten können."

Rückblick: Insolvenz von Internetstores und Fahrrad.de im Oktober 2023

Als Auslöser für die Insolvenzen-Welle der Internetstores und weiterer Unternehmen gilt der Rückzug einer Zahlungsvereinbarung des Hauptgesellschafters Signa Holding GmbH von 150 Millionen Euro an die Muttergesellschaft Signa Sports United NV. Am 1. Januar 2024 wurde das Insolvenzverfahren der Internetstores GmbH vom Amtsgericht Bielefeld eröffnet.

Zwischenzeitlich konnte man bei Fahrrad.de keine bereits erhaltene Ware retournieren. Es gab Gerüchte über Kündigungswellen. Aktuell läuft immer noch ein Räumungsverkauf auf der Webseite von Fahrrad.de. (Stand 04.04.2024)

Was steckt hinter Signa Sports United?

Die von René Marius Köhler vor 20 Jahren gegründete Internetstores GmbH, zu der auch Fahrrad.de gehört, wagt 2021 zusammen mit weiteren Unternehmen aus dem Sport-Bereich den Gang an die Börse. Sie alle werden unter der Signa Sports United NV (SSU) vereint, einem Dachkonzern ohne eigenen Geschäftsbereich. Das Berliner Unternehmen SSU gehört zum Imperium des österreichischen Investors René Benko (Galeria/Karstadt) und ist ein sogenannter SPAC (Special Purpose Acquisition Company), ein 2021 sehr beliebter Weg, um an die Börse zu gelangen. Zum damaligen Zeitpunkt wird das mehrheitlich von Benkos Signa Holding gehaltene Unternehmen von der Börse mit 3,2 Milliarden USD bewertet. Der Gedanke hinter dem Börsengang: Der Erlös der Aktien soll eine aggressive Wachstumsstrategie finanzieren. (Quelle: Handelsblatt 14.12.2021)

Dieser wichtige Schritt ermöglicht es uns, auf der Stärke unserer Technologie- und Infrastrukturplattform aufzubauen und unsere Position auf dem globalen Sport-E-Commerce-Markt weiter aufzubauen", so Signa Sports Chef Stephan Zoll zum Abschluss des Deals.(Quelle: Handelsblatt 14.12.2021)

Stetiger Wertverlust der Signa Sports Aktie

Laut Fahrrad.de-Gründer Köhler besitzen die Aktien zu diesem Zeitpunkt einen Wert von fast 10 Euro das Stück (Quelle: Suttgarter Zeitung 23.10.2023 – 15:01). Am 29. September 2023 schließt die Signa-Sports-Aktie mit 27 US-Cent, am Montag darauf mit rund 20 US-Cent (Quelle: Handelsblatt Börse 27.10.2023). Dazwischen eine Geschichte des stetigen Wertverlustes.

Wie kam es zur Insolvenz von Internetstores?

Noch im Februar dieses Jahres holt Signa einen Sanierungsspezialisten für fahrrad.de an Bord.

Ende Juni verspricht die Signa Holding GmbH eine weitere 150-Millionen-Euro-Finanzspritze für die SSU. Bereits zuvor hat der Investor immer wieder finanziell unter die Arme gegriffen.

In der Zwischenzeit ist der Börsenwert des Unternehmens von 3,2 Miliarden USD bei Börsengang auf wenige Millionen geschrumpft. Das Ende des Corona-Fahrrad-Booms in der Branche und die hohen Lagerbestände werden dafür mitverantwortlich gemacht.

Am 2. Oktober 2023 wird schließlich bekannt, dass SSU sich von der Börse zurückziehen wird.

Signa Holding zieht 150 Millionen EURO Finanzhilfe zurück

Den letzten Rest gibt dem zusammenbrechenden Konstrukt die Ankündigung der Hauptgesellschafterin Signa Holding GmbH vom 16.Oktober, die dringend benötigte Finanzspritze von 150 Millionen Euro zurückzuziehen.

Seit dem 19. Oktober 2023 sind bei fahrrad.de keine Rücksendungen mehr möglich. Schwestergesellschaften der fahrrad.de-Mutter Internetstores wie Tennis Point GmbH, ChainReaction und Wiggle melden Insolvenz an.

Internetstores reicht Insolvenzantrag ein

Die Gerüchte über eine mögliche Insolvenz von Internetstores und fahrrad.de manifestieren sich am 23. Oktober 2023 in der Veröffentlichung des Insolvenzantrages beim Landgericht Stuttgart. Für den Mutterkonzern SSU und die Töchter Internetstores und Tennis-Point wird ein gemeinsamer Insolvenzverwalter eingesetzt. Internetstores-Gründer Köhler spricht im Gespräch mit der Stuttgarter Zeitung von Fehlern im Management von SSU (Quelle: Suttgarter Zeitung 23.10.2023 – 15:01).

Screenshot von der Webseite Fahrrad.de mit Mitteilung an die Kunden
Screenshot Fahrrad.de

Was bedeutet das für Kunden von fahrrad.de?

Weitere Konsequenzen hängen davon ab, was der Insolvenzverwalter mit Internetstores vor hat. Er entscheidet, ob liquidiert oder saniert wird. Möglicherweise werden Lagerbestände verkauft und Entlassungen im Personalbereich vorgenommen. Aber auch die Tochterunternehmen der Internetstores GmbH, z. B. fahrrad.de, gehören zu den Vermögenswerten, die im Zuge der Insolvenz veräußert werden können, um die Gläubiger zufrieden zu stellen.

Vorerst ist die gute Nachricht, dass fahrrad.de sobald möglich alle Services wieder aufnehmen möchte. Dazu gehört auch der Retouren-Service, der seit dem 19. Oktober ausgesetzt ist. Bis dahin kann wie gewohnt weiter im (Online-)Store geshoppt werden.