Ein aktueller, tragischer Fall aus Hamburg zeigt, wie gefährlich Dooring-Unfälle für Radfahrer*innen sein können: Mitte September 2025 wurde ein 57-jähriger Pedelec-Fahrer in Hamburg-Bahrenfeld schwer verletzt, nachdem ein Autofahrer seine Tür geöffnet hatte. Der Radfahrer prallte gegen die Tür, stürzte zu Boden und erlitt lebensgefährliche Kopfverletzungen. Nun ist der Mann im Krankenhaus verstorben.
Solche Unfälle sind leider keine Seltenheit. Im Fachjargon spricht man von "Dooring" – wenn Radfahrende mit plötzlich geöffneten Fahrzeugtüren kollidieren. Für Autofahrer oft nur eine Unachtsamkeit, für Radfahrer dagegen eine tödliche Gefahr.
Warum Dooring so gefährlich ist
Wer mit 20 km/h oder mehr unterwegs ist, braucht über zehn Meter, um sicher zum Stehen zu kommen. Bei E-Bikes geht es noch schneller, die Geschwindigkeit steigt – aber der Bremsweg bleibt. Ausweichen? Oft unmöglich, weil Autos überholen oder Straßenbahnschienen die Spur versperren. Kein Wunder also, dass fast jeder zweite Unfall mit parkenden Autos innerorts auf eine geöffnete Tür zurückgeht.
So ist die Rechtslage
In §14 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) ist die Sorgfaltspflicht von Autofahrern beim Ein-und Aussteigen geregelt: "Wer ein- oder aussteigt, muss sich so verhalten, dass eine Gefährdung anderer am Verkehr Teilnehmenden ausgeschlossen ist."
Aber auch Radfahrer sind in der Verantwortung. Wer zu wenig Abstand hält oder zum Beispiel durch Gepäck am Ausweichen gehindert ist, kann eine Mitschuld tragen. Urteile der Oberlandesgerichte Saarbrücken und Jena sehen Abstände von unter 90 Zentimetern als zu gering an.

Wer aus dem Auto aussteigt, sollte die Tür mit der gegenüberliegenden Hand öffnen: der sogenannte "holländische Griff".
5 Tipps, wie du dich als Radfahrer schützt
- 🧍♂️↔️🚗 Mindestens einen Meter Abstand halten: Fahre nie zu nah an parkenden Autos vorbei. Auch wenn Autofahrer drängeln: Der "Dooring-Abstand" ist lebenswichtig.
- 👀 Tür-Risiken früh erkennen: Achte auf Anzeichen. Geht im Auto das Innenlicht an, bewegt sich jemand im Sitz oder deutet ein Spiegel auf Insassen hin, rechne mit einer sich öffnenden Tür.
- 🛣️ Blickführung und Fahrspur wählen: Schau nicht nur auf den Boden, sondern auch auf parkende Autos. Wähle, wenn möglich, eine Position auf der Fahrbahn, die dich aus der "Türzone" heraushält.
- 🐢 Defensiv fahren und Geschwindigkeit anpassen: Macht keinen Spaß, aber besonders in Straßen mit vielen parkenden Autos oder in der Dunkelheit lohnt es sich, das Tempo zu drosseln, um mehr Reaktionszeit zu haben.
- ⛑️ Selbstschutz nicht vergessen: Auch wenn er Unfälle nicht verhindert: Ein Helm kann im Ernstfall schwere Kopfverletzungen vermeiden.

Muss ich dicht an parkenden Autos vorbeifahren, rechne ich grundsätzlich damit, dass sich eine Tür jederzeit öffnen könnte. Sehe ich Personen im oder um das Auto, steht die Tür vielleicht schon einen Spalt auf, wechsele ich vom Radschutzstreifen auf die Fahrbahn. Ist das durch den Verkehr nicht möglich, drossele ich mein Tempo. Dabei will ich noch nicht mal den Insassen der Autos große Vorwürfe machen. Ich weiß von mir selber, dass man nicht in jeder Situation beim Aussteigen auf dem Zettel hat, dass nebenan ein Radweg entlangführen könnte. Dieses Problem kann nur durch die richtige Infrastruktur gelöst werden. Ich würde mir wünschen, dass das überall konsequenter durchgesetzt wird.
Was Städte und Hersteller tun (sollten)
Zum Glück bewegt sich etwas: Viele Städte setzen mittlerweile auf Sicherheitstrennstreifen oder baulich getrennte Radwege, die das Risiko reduzieren. Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) hat 2019 die Kampagne "Kopf drehen, Rad Fahrende sehen" gestartet, die Auto- und Radfahrer aufklärt.
Autohersteller entwickeln Ausstiegswarner, die Radfahrende per LED-Signal oder Warnton schützen. Beispielsweise scannt der "Ausstiegswarner" im Volkswagen ID.4 und ID.5 das Umfeld beim Türöffnen, um vor herannahenden Fahrzeugen oder Radfahrern zu warnen. Auch der Ford Tourneo Custom hat eine solche Technologie, die sowohl Fahrer- als auch Beifahrertür schützt und sich auch an Seitentüren erstreckt.
Fazit: Dooring-Unfälle sind vermeidbar
Dooring-Unfälle gehören zu den größten Risiken im Radverkehr – und sie lassen sich nur durch eine Kombination aus Aufmerksamkeit, baulichen Lösungen und technischer Unterstützung wirksam reduzieren. Während Radfahrende mit defensivem Verhalten und ausreichendem Abstand viel für ihre eigene Sicherheit tun können, liegt die eigentliche Verantwortung bei Autofahrenden und in einer konsequent radfreundlichen Verkehrsplanung. Nur wenn Infrastruktur, Technik und Rücksichtnahme zusammenspielen, lassen sich diese vermeidbaren Unfälle langfristig verhindern.
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