Man kann wohl sagen, dass wir eine besondere Beziehung zum Rose Backroad haben. Schließlich war das erste von Rose Bikes explizit für den Schottereinsatz entwickelte Fahrrad schon bei der Premiere des GRAVELBIKE Magazins im Frühjahr 2020 dabei. Entsprechend gespannt waren wir auf den jüngsten Zuwachs in der Schotter-Flotte aus Bocholt: Das Rose Backroad FF. Wir durften das Fahrzeug bereits ausgiebig testen. Jetzt wurde es offiziell präsentiert. Zeit für uns also, euch dieses Bike in allen Details vorzustellen.
Schon der Namenszusatz verrät, worauf die Entwickler bei dem Backroad FF besonderes Augenmerk gelegt haben. Das FF steht für den englischen Begriff Fast Forward. Zu Deutsch: Vorspulen. Und das soll in diesem Fall natürlich vor allem eins bedeuten: sehr schnell!
Auf den ersten Blick
Tatsächlich stellt das Backroad FF schon optisch gleich klar, was es will: Besonders schnell über Asphalt und Schotter donnern. Egal ob der tiefe und schmale Lenker, das besonders cleane Design, die hohen Carbon-Laufräder, die aerodynamischen Elemente oder die G-One RS Reifen aus dem Hause Schwalbe: der Look lässt keine Fragen offen. Ein kleines, aber besonderes Detail: Auf der Antriebsseite fehlt der gewohnte Blick auf die Steckachse in der Gabel. Ob dieses Detail aerodynamische oder technische Vor- oder Nachteile hat, können wir nicht sagen. Aber es springt definitiv sofort ins Auge. Beziehungsweise eben gerade nicht.

Keine Logos, keine Kabel: Das cleane Design des Bikes ist ein Merkmal des Backroad FF.
Auch Kabel, Leitungen oder Züge lassen sich am Backroad FF in der Ansicht von der Antriebsseite nicht erkennen. Was einerseits natürlich an dem Einsatz von Srams kabellosen AXS-Schaltgruppen liegt. Andererseits aber auch an einem besonders integrierten Design. So laufen die Bremsleitungen durch die Lenker-Vorbau-Einheit in das Steuerrohr und von dort weiter durch die Gabel zur Vorderradbremse beziehungsweise durch den kompletten Rahmen zur Hinterradbremse. So spät wie möglich treten die Leitungen aus dem Rahmen heraus, um ihre Verbindung mit dem Bremskörper zu ermöglichen.
Das Rahmen-Gabel-Set selbst erinnert stark an Roses Carbon-Rennrad Xlite. Fast könnte man denken, dass hier lediglich andere Laufräder, Reifen und eine Gravel-Schaltung verbaut wurden. Der auffälligste Unterschied: Rose verzichtet beim Backroad FF auf einen prägnanten Schriftzug an Ober- oder Unterrohr. Nur an dem großen Logo auf dem Steuerrohr lässt sich das Bike schnell als ein Rose erkennen. Was dieses Rad nicht will, stellt es übrigens auch schnell klar: Im gemütlichen Abenteuer-Bikepacking-Modus um die Welt reisen. Das zeigen schon die reduziert vorhandenen Montagepunkte. Einzig im Rahmendreieck sowie auf dem Oberrohr finden sich Möglichkeiten zur Montage von Taschen und mehr.

Von der Antriebsseite betrachtet ist die Vorderradachse nicht zu sehen.
Voll auf Speed
Einfach die Laufräder tauschen und das Logo entfernen? Ganz so einfach haben es sich die Ingenieure und Designer dann natürlich doch nicht gemacht. Zwar verrät Rose, dass man sich bei der Entwicklung des Backroad FF an dem "etablierten Race-Design" des Xlite orientiert hat. Doch auf Basis dessen habe man ein voll für den Gravel-Einsatz optimiertes Gesamtkonzept geformt. Etwa mit einer Reifenfreiheit bis zu 45 mm, dem neuen Cockpit, Leistungsmesser, speziellen Taschen oder eigens entwickelten Laufrädern.
Besonders stolz ist man in Bocholt auf das integrierte Cockpit. Bei der Gestaltung des schmalen Lenkers wurde speziell auf die Konformität zu den Regularien des Radsportweltverbandes UCI und wichtigen Gravelbike-Rennen wie dem Unbound in den USA geachtet. Schließlich sind Auflieger oder das Ablegen der Unterarme auf dem Oberlenker ohne Greifen an den Lenker dort nicht mehr erlaubt. Um dennoch eine möglichst komfortable und windschnittige Position zu ermöglichen, wurde das Cockpit gezielt angepasst. Durch leicht nach innen gedrehte Bremsgriffe und eine spezielle Form des Oberlenkers soll die perfekte Sitzposition erreicht werden. Unterhalb der Lenker-Vorbau-Einheit laufen derweil die Bremsleitungen praktisch unsichtbar in den Rahmen. Rose spricht von einer Semi-Integration, denn die Leitungen sind unter dem Vorbau zugänglich. Das soll die Wartungsarbeiten wie Montage und Demontage der Leitungen vereinfachen.

Die Leitungen verlaufen fast unsichtbar unterhalb des Cockpits.
Auch die aerodynamische Form von Steuerrohr, Unterrohr oder der Einsatz einer Aero-Sattelstütze zeigen, dass Rose beim Backroad FF voll auf Speed geht. Um das Gesamtpaket zu perfektionieren, wurde dazu der hauseigene Laufradsatz GC 50 entwickelt. Besonderer Clou: Die Felge am Vorderrad baut deutlich breiter als ihre Kollegin am Hinterrad. So soll die 40 Millimeter breite Vorderradfelge den perfekten Übergang zu 40 Millimeter breiten Reifen bieten – und damit eine bestmögliche Aerodynamik. Bei dem weniger im Fahrtwind stehenden Hinterrad dagegen haben die Ingenieure den Fokus vor allem auf den Leichtbau gelegt. Auf den Laufrädern sitzt Schwalbes schneller G-One RS, der genau wie das Backroad FF mit Blick auf den Renneinsatz entwickelt wurde.
Geometrie
Ein Blick auf die Geometriedaten zeigt, dass das Backroad FF in vielen Bereichen näher am Rennrad Xlite als am Gravelbike Backroad liegt. Etwa mit der kürzeren Kettenstrebe, steileren Sitz- und Lenkwinkeln oder dem sehr sportlichen Verhältnis von Stack zu Reach (STR). Das spricht für ein agiles Handling und eine eher tiefe, gestreckte Sitzposition.

Die aerodynamische Sattelstütze wird von einem integrierten Klemmmechanismus mit versteckter Schraube gehalten.
Ausstattung
Schön übersichtlich: Rose bietet das Race-Gravelbike in zwei Ausstattungsvarianten und drei Lackierungen an. Dabei haben die beiden Varianten viele Gemeinsamkeiten. Zum Beispiel die elektronische Schaltgruppe mit Leistungsmesser. Oder die Kettenführung an der Kurbel, die ein Abspringen der Kette nach innen verhindern soll. Auch das in der Hinterachse steckende Tool zum Ein- und Ausschrauben der Steckachsen haben die Räder gemeinsam. Die Unterschiede zwischen dem mit 3499 Euro günstigeren Backroad FF Rival AXS XPLR und dem mit 4999 Euro teureren Backroad FF Force AXS XPLR liegen in der namensgebenden Schaltgruppe, den Laufrädern und den Reifen. Zudem gibt es das günstigere Modell in einem Grünton, den Rose "Pistacho" nennt, sowie einem auf uns sehr weiß wirkenden "Supersonic Grey". Das teurere Force-Modell ist zusätzlich in der spannenden Farbe "Rotten Candy" erhältlich. Womit sich einmal mehr die Frage stellt, wieviel Spaß die Kreativabteilungen der Fahrradhersteller eigentlich bei der Namensfindung für ihre Lackierungen haben?
Lieferzeit
Die Lieferzeit gibt Rose im Online-Shop aktuell mit 11 Wochen an, die ersten Räder dürften demenstprechend also gegen Ende Mai über die Schotterwege rollen.
Praxistest
Deutlich wichtiger erscheint uns jedoch die Fragen aller Fragen: Wie fährt sich das neue Gravelbike denn eigentlich? Schließlich wissen wir alle: Die Wahrheit liegt auf dem Schotter. Um die Frage zu beantworten, haben wir das Rose Backroad FF mit ins GRAVELBIKE-Testcamp im Süden Spaniens genommen. Hier durfte es eine Woche lang unter idealen Gravel-Konditionen zeigen, was es kann. Insgesamt rund 400 Kilometer, 6000 Höhenmetern und ziemlich genau eine Akkuladung haben wir auf dem Bike absolviert. Hier war alles dabei, von Anstiegen und Abfahrten auf Asphalt, über schnelle, breite Schotterwege bis zu Tragepassagen und richtig rumpligen Abschnitten, die auch einem Mountainbike gut zu Gesicht gestanden hätten. Auch ein bisschen Gravel-Racing haben wir im Rahmen der Testfahrten simuliert.

FF steht für "ziemlich zügig": Das neue Race-Gravelbike im Testeinsatz.
Dabei war mit den ersten Pedaltritten klar: Dieses Gravelbike ist schnell. Sehr schnell. Egal ob auf Straße oder Schotter, mit seiner Leichtfüßigkeit animiert es stets, doch noch ein bisschen härter in die Pedale zu treten. Die Trittfrequenz doch noch ein bisschen zu erhöhen. Die Sitzposition fällt mit längerem Reach und kürzerem Stack erwartungsgemäß sportlich aus. Sprich: Der Lenker ist im Vergleich zum Standard-Backroad weiter vorn und weiter unten. So fühlt sich das Backroad FF spürbar aggressiver und agiler an. Fast schon wie ein Rennrad eben. Insgesamt sitzt man recht tief im Rad, dabei aber durchaus nicht unkomfortabel. Hier spielt auch der Lenker eine wichtige Rolle.
Cockpit
Überhaupt ist der Lenker wohl das Bauteil am Backroad FF, das am meisten ins Auge fällt. Man könnte auch sagen, dass der besondere Look polarisiert. Das aus einem Stück gefertigte Cockpit ist mit 40 Zentimetern bei Rahmegröße ML auffällig schmal, der abgeflachte Oberlenker stark nach oben gezogen, der Unterlenker deutlich ausgestellt und die Schalt-Bremshebel passend zur Form des Lenkers leicht nach innen gedreht. Der erhöhte Oberlenker entschärft die aggressive Geometrie ein wenig. Seine größte Stärke spielt er aber dann aus, wenn die Hände an die Hoods wandern. Dann liegen die Unterarme an dem entsprechen vorgeformtem Oberlenker auf, die Ellenbogen zeigen nach außen und das Backroad FF geht in den Überschallmodus. "Mit dem Rad werde selbst ich Gravelbike-Weltmeister. Und zwar ohne Training", urteilt ein Testfahrer. Beim Griff in den kompakten Unterlenker monierten manche Fahrer allerdings auch wenig Komfort: "In dieser Position möchten meine Hände eher nicht so lange bleiben." Zudem bringt die auffällig geformte Lenker-Vorbau-Einheit auch gewisse Nachteile in der Handhabung mit sich. Hier sind vor allem die Einschränkungen in der Anpassbarkeit zu nennen. Schließlich lässt sich hier nicht einfach mal der Vorbau auf ein Modell mit anderer Länge oder Neigung wechseln. Auch lassen sich etwa herkömmliches Zubehör wie Lampen oder Computerhalterungen nicht ohne Weiteres anbringen. Allerdings verfügt der Lenker über eine integrierte Computerhalterung, an deren Unterseite sich auch eine Action-Cam oder eine passende Leuchte montieren lässt.

Das schmale, eigens entwickelte "One-Piece-Cockpit" ist nicht nur ein Hingucker, es überzeugt auch im Einsatz.
Handling
Insgesamt zeigt sich das Backroad FF also als sehr schnell und macht seinem Namenszusatz alle Ehre. Und auch das Handling überzeugt auf ganzer Linie. Das 8,3 Kilogramm leichte Rad reagiert sofort auf jeden Antritt und setzt auch Lenkbefehle direkt und klar um. Sprich: Es macht genau das, was von ihm erwartet wird. Dennoch wirkt es dabei immer stabil und sicher. Egal ob bei der schnellen Fahrt auf gerade Strecke oder beim Ritt durch Schotterkurven. Wesentlichen Anteil haben hier auch die Reifen. Der 40 Millimeter breite Schwalbes G-One RS lässt das Bike über Asphalt und Gravel jagen, bietet aber auch ordentlichen Grip in den Kurven. Nur wenn es auf unbefestigtem Grund steil bergauf geht, neigt er bei viel Druck auf dem Pedal zum Durchrutschen. "Mit der Kombination aus Komfort und Performance ist das Backroad FF für mich das perfekte Ultra-Race-Bike", sagt ein Tester. Lediglich breitere Reifen würde er sich dafür wünschen. Dieser Wunsch kann erfüllt werden, denn das Rad bietet Platz für 45 Millimeter breite Reifen.

Im 400-Kilometer-Testeinsatz hatte das Backroad FF jederzeit alles unter Kontrolle.
Reifen und Laufräder
Eine überzeugende Kombination bilden die Reifen mit den Laufrädern. Dabei verleihen die Carbon-Räder mit ihrer hohen Felge dem Backroad FF nicht nur einen besonderen Look und schon gefühlt mehr Geschwindigkeit. Die Laufrad-Reifen-Kombi vermittelt auch eine auf komfortable Art besonders direkte Beziehung zum Untergrund. Auch dadurch bietet das Bike viel Kontrolle und Vertrauen.
Schaltgruppe
Perfekt zum racigen Einsatzzweck passt auch die kabellose Sram-Force-AXS-Schaltung. Mit einem 44er-Kettenblatt vorn und der 10-44er-XPLR-Kassette im Heck erlaubt sie rasante Beschleunigungen und eine hohe Endgeschwindigkeit. Für lange, steile Anstiege mit möglicherweise noch etwas Gepäck an Bord empfiehlt sich allerdings die Umrüstung auf eine bergtauglichere Übersetzung. Ansonsten überzeugt die Force AXS mit den gewohnt zuverlässigen, schnellen und präzisen Schaltvorgängen. Auch die hydraulische Bremsanlage ist jederzeit Herr der Lage.

Die knackige Übersetzung passt perfekt für den Renneinsatz.
Was das Backroad FF übrigens nicht hat, ist ein in den Rahmen integriertes Staufach. Stattdessen gibt es optional eigens für das Rad entwickelte Taschen. Eine Rahmentasche sowie eine kleine Tasche fürs Oberrohr, beide mit magnetischen Fidlock-Anschlüssen. Für unseren Test waren diese Taschen allerdings leider noch nicht verfügbar.

Die speziell für das Bike entwickelten Taschen waren für unseren Test noch nicht verfügbar.
Fazit
Kompromisslos schnell: Das Rose Backroad FF ist eines der flottesten Gravelbikes, die wir je testen durften. Wenn nicht sogar DAS flotteste Gravelbike, das wir je testen durften. Es beweist viel Liebe zum Detail und überzeugt mit durchdachten Lösungen. Für den Einsatz im Rennen oder auf der schnellen Feierabendrunde verspricht es richtig viel Spaß. Für lange Bikepacking-Einsätze indes wurde es nicht entwickelt.

Das Rose Backroad FF am Ende der Testfahrt. Die Halterung für das After-Ride-Bier stammt übrigens von Team Dosenbier, hält aber auch Dosen mit alkoholfreiem Inhalt.
👍 Das gefällt
- sehr schnelles Gravelbike
- viele durchdachte Detaillösungen
- cleanes Design
- hochwertige Ausstattung
- fairer Preis
👎 Das weniger
Wenig Platz im Unterlenker
Vollintegration erlaubt kaum Individualisierung
💗 Das perfekte Rad für...
Gravel-Racer:innen und alle, die viel Spaß an richtig flotten Touren auf dem Gravelbike haben.