Willkommen im Gravelparadies
Mitgefahren beim LTD-Gravelfest

Der ehemalige Radprofi Laurens ten Dam hatte zum LTD Gravelfest nach Valkenburg in den Niederlanden eingeladen. Rund tausend Teilnehmer folgten seinem Aufruf und begaben sich mit ihren Gravelbikes auf die traumhaften Schotterpisten Süd-Limburgs. Ganz nach seinem Motto "Live slow, ride fast!"

LTD Gravelfest,Gravelride,Valkenburg,Niederlande
Foto: Thomas Terbeck

Samstagmorgen, bei 11 Grad und grauen Wolken. Es ist gefühlt sehr frisch. Das hatte ich mir anders vorgestellt. Ich befinde mich beim LTD Gravelfest in Valkenburg in den Niederlanden. Dieses Event ist organisiert von Laurens ten Dam, dem ehemaligen Radprofi mit zehn Tour De France-Teilnahmen. Mittlerweile sattelte er auf Gravel um und fährt bei weltweiten Veranstaltungen die Konkurrenz in Grund und Boden.

Das bereits seit ein paar Jahren etablierte LTD Gravelfest ist sein eigenes, gut organisiertes Gravel-Event. Frei nach dem ausgegebenen Motto "Live slow ride fast" haben sich eintausend Teilnehmer erneut bei der diesjährigen Ausgabe angemeldet. Das Einchecken funktioniert reibungslos, nach dem Prozedere duftet es auf der großen Festwiese direkt neben dem Shimano Experience Center nach frisch gebrühten Kaffee und es gibt Verpflegung.

Hier wird nach dem 85 Kilometer-Morning Loop, auf den ich mich jetzt schon freue, auch wieder Pausenstopp mit Burger, Musik von einem richtigen DJ und viel guter Laune sein, bevor es auf weitere anspruchsvolle 55 Kilometer am Nachmittag geht.

Kribbeln im Bauch

Die Startnummer ist am Lenker angebracht, es gibt einen fliegenden Start. Ich spüre Vorfreude und ein Kribblen im Bauch und bin gespannt, auf was ich mich da eingelassen habe. Kurz über ein paar wenige Straßen, auf denen sonst das Amstel Gold Race verläuft und es geht direkt auf herrlichen Schotter. Die hügelige Landschaft Süd-Limburgs breitet sich vor den Teilnehmern aus. Der Kies knirscht unter den Reifen, die Freude ist in den Augen aller zu sehen.

Breite Gravelpisten, schmale Hohlwege, kurze, knackige Anstiege. Ein Traum für alle Gravelbiker. Das Tempo ist zu Beginn recht hoch, als wir durch diese grandiose landschaftliche Kulisse knallen. Der liebe Gravel-Gott scheint es gut gemeint zu haben mit dieser Gegend. Einfach herrlich.

So schön kann Graveln sein

Weiter geht es über schmale Pfade, und diese immer wieder großartigen Schotterwege, die gar nicht so viele Schlaglöcher aufweisen, wie man vermuten würde und daher meist schnell zu befahren sind.

Am Pausenstopp des LTD Gravelfests nach 44 Kilometern schnappen wir uns Reiswaffeln, Bananenstücke und Cola. Ein wenig Energie kann nicht schaden. Spannend: Auch Sofiane Sehili, Ultra-Endurance Racer und Gewinner zahlreicher extremer Langstrecken-Events, lässt sich diesen Gravelride nicht entgehen und unterhält sich angeregt und ganz nahbar mit anderen Fahrern während dieser Pause. Das kommt gut an.

Bevor uns kalt wird, fahren wir schnell weiter. Es ist auf den unterschiedlichen Untergründen ein stetiges Überholen und überholt werden. Welche Gravelbikes hier an einem vorbeiziehen, ist ein großer Mix aus dem kompletten Gravelbike-Segment. Sehr sehenswert.

Wieder in Valkenburg angekommen, verköstigen wir erst einmal einen leckeren Burger. Zahlreiche Teilnehmer sitzen auf Bänken, lachen, erzählen über das Erlebte oder lauschen der coolen Musik des DJs.

Für manche ist jetzt bereits Schluss, wir aber fahren auch den zweiten Loop. Doch sehen wir zunächst keine anderen Teilnehmer mehr und fahren die einsamen Wege über zahlreiche Hügel für uns ganz allein. Als ob wir gar nicht mehr bei einem so großen Event dabei sind.

Die Beine sind jedoch nach der Mittagspause recht müde und wir haben Probleme, sie nochmal richtig in Schwung zu bringen. Die Strecke ist eine Herausforderung, doch sind wir nicht genau dafür hier?

Nach einem kurzen Durchatmen entlang des flachen Julianakanals und der Maas werden die Anstiege jetzt tatsächlich noch länger und knackiger. Trickige Singeltrails gibt es auch. Sie kosten richtig Körner. Insgesamt sind nur knapp 1400 Höhenmeter zu bewältigen, doch hier zeigt sich, was so ein Sägezahnprofil der Streckenführung ausmachen kann. Hier kleben jetzt auch wieder mehr Teilnehmer an den Wänden vor uns. Manche schieben bereits keuchend, für mich ist Absteigen keine Option. Die Oberschenkel brennen, doch ich trete die Kurbel Umdrehung für Umdrehung und wuchte mein Gravelbike nach oben. So hoch wie die Anstiege einen nach oben treiben, so hoch geht auch mein Puls. Doch bei diesem Gravelride wird man für alles entschädigt.

Pokal oder Spital

Dass es die Abfahrten beim LTD Gravelfest ebenfalls in sich haben, stellten mein Bike-Buddy Timo, mit dem ich zusammen angereist bin, und ich bereits am Morgen fest, als wir alles gaben: Abflug bei 40 Sachen in die Böschung inklusive, da genau unten in der Kurve der Lehmboden feucht, dies aber nicht zu erkennen war. Zum Glück passierte uns und den Rädern nichts. Nur etwas Haut mussten wir auf dem heiligen Schotter dalassen. Doch direkt nach uns flogen zwei weitere Teilnehmer ebenfalls dort hinunter. Die Stelle hätte besser abgesichert werden müssen, da es zu einigen brenzligen Situationen kam. Das tat der Stimmung jedoch keinen Abbruch. Zufall: Laurens kam im selben Moment an dem Punkt vorbei, half natürlich sofort und erkundigte sich nach dem Wohlbefinden aller.

Nur noch wenige Kilometer. So langsam merke ich, wie mein Tank leer wird und bin froh, als endlich der letzte zähe Anstieg bewältigt ist und wir wieder in Valkenburg angelangt sind. Geschafft! Ein Grinsen huscht über unsere verschwitzten Gesichter.

Auf der Festwiese ist viel los, überall stehen verdreckte Gravelbikes herum, viele Teilnehmer gönnen sich ein verdientes Bier. Ein Lachen überall, angeregte Gespräche, Musik. Die Leute sind glücklich, mit dem, was sie heute erlebt haben. Auch, wenn das Wetter grau in grau war, das LTD Gravelfest war ein großartiges Erlebnis und für Gravelbiker sicherlich ziemlich nah dran am Gravelparadies.