RoadBIKE beim Ironman Lanzarote: So bereitet sich unsere Redakteurin vor
Auf dem Weg zu meinem härtesten Rennen

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RoadBIKE-Redakteurin Miriam Mandt hat sich viel vorgenommen: Im Mai stellt sie sich dem Ironman Lanzarote – einem der härtesten Triathlons überhaupt. Auf RoadBIKE.de berichtet sie über das Rennen und ihre Vorbereitungen, vom Kampf gegen den Sturm und den inneren Schweinehund, von eiskaltem Wintertraining und stundenlangem Indoor-Cycling.

RB Miriam Mandt Ironman Lanzarote Am Strand
Foto: Martin Böckelmann

Nachdem ich mich nach meiner Zwangspause (Kiefer- und Jochbein-Bruch bei den Vattenfall Cyclassics im Herbst) lange genug ausruhen musste, bin ich hoch motiviert im Oktober in die neue Saison gestartet.

Mein Entschluss, beim Ironman Lanzarote zu starten, war kein ganz freiwilliger, denn ich hatte schlicht zu lange gewartet und die anderen großen Ironman hatten ihre Anmeldelisten längst geschlossen. Nach 2005 und 2007 wollte ich nicht wieder zur Quelle Challenge nach Roth und da der Ironman Klagenfurt auch aus ausschied - meine Schwester und ihr Freund gehen dort an den Start - blieb mir fast keine andere Wahl als die Kanaren-Insel. Ich war im Februar 2005 bereits dort zum Trainingslager. Damals habe ich die harten Anstiege, den ewigen Wind und die schlechten Straßen gehasst. Aber wie es eben ist: Der Mensch unterliegt dem natürlichen Vergessen.

Neu am 21. Februar 2008: Endlich Wochenende - Wintertraining mit tiefgefrorener Nase.

Tagesziel: Dem Sturm widerstehen – erstes Training auf Lanzarote

Video: Nach dem Rennen - Miriam Mandt über den Ironman Lanzarote

Ich habe versucht, mir die Ironman-Radstrecke einzuprägen, denn es ist im Wettkampf immer eine große Hilfe, wenn man sich an etwas erinnern kann. Leider konnten wir die große Schleife rund um die Insel nicht an einem Stück fahren, das hätte unseren damaligen Leistungsstand überschritten.

Auch der Wind war im Herbst besonders stark: Am Mirador del Rio fürchtete ich, von einer Böe über die Klippen ins Meer geweht zu werden und klammerte mich an einem Mäuerchen fest. Der Wind gepaart mit einer Mini-Straße, die stets am steilen Abhang entlang führt, das war zu viel für mich.

RB Miriam Mandt Ironman Lanzarote Pause am Straßenrand
Martin Böckelmann
Pause am Straßenrand: Sie still hielt der Wind nicht immer.

Auch wenn es komisch klingt: Ich hatte wirklich große Angst und kann nur hoffen, dass sich beim Wettkampf im Mai dort ein paar Zuschauer am Abgrund postieren werden und mir den Blick in den Abgrund versperren.

Rennradfahren auf Lanzarote – nicht mit Zeitfahrlenker

Video: Nach dem Rennen - Miriam Mandt über den Ironman Lanzarote

Die Autofahrer, meist Touristen in kleinen Mietwagen, nehmen in der Regel Rücksicht und die Ironman-Radstrecke wurde bereits größtenteils mit neuem Asphalt versehen.

Eines ist mir aber auch klar geworden: Auf Lanzarote werde ich – anders als in Roth – nicht mit einem Zeitfahrrad starten. Die Strecken, auf denen ich auf dem Zeitfahrlenker liegen könnte, sind einfach zu kurz. Dazu noch der böige Seitenwind - da sind Hochprofil-Felgen ein echtes Wagnis. Mit meinem Focus Izalco Ltd komme ich gut zurecht, vielleicht werde ich mir noch einen Auflieger montieren.

RB Miriam Mandt Ironman Lanzarote Long way
Martin Böckelmann
Sand von der Seite: Lanzarote ist eine extrem trockene Insel.

Rad-Training im Winter: So bereite ich mich vor

Video: Nach dem Rennen - Miriam Mandt über den Ironman Lanzarote

Nach der Arbeit gehe ich zum Indoor-Cycling und bin inzwischen von dieser Art des Krafttrainings auf dem Rad überzeugt. Ich halte mich meistens nicht (so ganz) an die Programme, die der Instruktor vorgibt, sondern fahre meinen eigenen Stiefel. Da kann es schon mal vorkommen, dass ich zwei Stunden nur bergauf fahre. Ich sehe einfach keinen Sinn darin, mit 120 Umdrehungen und Null Widerstand einen Berg hochzufahren, wie es oft verlangt wird. Wo gibt es in der Realität schon Berge mit Minus-Steigung?

Eigentlich kann ich beim Indoor-Cycling gut entspannen, und wenn es mir gelingt, den Kopf völlig auszuschalten, halte ich es auch 3 Stunden auf dem Rad aus. Trotzdem bin ich jedes Jahr froh, wenn der Frühling kommt, denn irgendwann gehen mir die immergleichen Gesichter und der Mief im Studio schon auf die Nerven.

Viele Trainer bezweifeln den Trainingseffekt von Indoor-Cycling, aber ich sehe das inzwischen anders: Natürlich kann man beim Indoor-Cycling - was die Ausdauer angeht - keinen Blumentopf gewinnen, aber die Kraftzuwächse sind enorm. Anfang Dezember bin ich traditionell wieder den Siebengebirgsmarathon mit meiner Schwester gelaufen: Es lief recht gut, war zum Glück auch nicht so kalt. Davor hatte ich extra längere Laufeinheiten eingelegt, was aber in letzter Zeit zugunsten des Rad-Trainings zurückstehen musste.

Wie die meisten Menschen trainiere auch ich immer das am intensivsten, was ich am besten kann. Ich weiß, dass das ein Fehler ist, aber ich will meine Leistungen auf dem Rad weiter verbessern, beim abschließenden Marathon ist für mich leider eh nichts zu holen. Das weiß ich und versuche deshalb, das Beste aus meinen Möglichkeiten zu machen.

RB Miriam Mandt Ironman Lanzarote Pause
Martin Böckelmann
RoadBIKE-Redakteurin Miriam Mandt und RB-Autor Martin Böckelmann.

Outdoor-Training im Winter: Bis der Tee einfriert

Video: Nach dem Rennen - Miriam Mandt über den Ironman Lanzarote

Ich bin auf schmalen Rennradreifen über Straßen mit geschlossener Schneedecke gefahren und die Mountainbiker haben ungläubig geguckt.

Meine große Schwachstelle bei Kälte sind meine Füße, sie haben mich schon auf so mancher Tour zum Heulen gebracht. Inzwischen habe ich für mich die einzige Möglichkeit gefunden: Ich verwende Einmal-Thermosohlen, die ich in die Radschuhe lege. Das ist zwar nicht billig, aber für mich im Winter der einzige Weg!

Natürlich sind die Runden im Winter eher kürzer und manchmal ist es schon komisch, wenn ich fürs Anziehen der vielen Schichten länger brauche als für die eigentliche Ausfahrt. Wenn ich dann endlich in meiner Kluft stecke, kann ich keinen Moment länger warten, sonst droht ein Erstickungsanfall oder ein Hitzschlag.

RB Miriam Mandt Ironman Lanzarote Landschaft
Martin Böckelmann
Wüste auf Lanzarote: Besser als Rennrad auf Schnee?

Am Sonntag bin ich nach Tübingen und über Weil im Schönbuch wieder nach Leonberg gefahren. Unterwegs habe ich einen jungen Radler vom Radverein Öschelbronn getroffen, das Gespräch hat mich etwas vom Kampf gegen den Wind abgelenkt. Zwar war die Sonne herrlich, aber in den tiefen Tälern stand noch die Kälte – wenig angenehm, denn ich war nass geschwitzt. Ich achte deshalb immer darauf, nicht zu früh loszufahren.

Mit meiner Leistung auf dem Rad bin ich recht zufrieden, nur wenn ich im Anschluss noch laufen soll (Koppeltraining), überkommt mich das nackte Grauen. Dann fühle ich mich, als wären meine Beine falsch eingehängt und jede Oma mit Nordic Walking Stöcken würde mich überholen.

Es gibt also noch viel zu tun …

RB Miriam Mandt Ironman Lanzarote Windmühle
Martin Böckelmann
Bis zu diesem Zwischenstopp auf Lanzarote ist es noch ein Stückchen ...

Miriam Mandt - der Steckbrief

Geburtsjahr: 1978
Wohnort: Leonberg
Größe: 1,75 Meter
Gewicht: 67 Kilogramm
Sport: Laufen seit 2001, Radfahren seit 2003, Triathlon seit 2004 (Ironman Austria Klagenfurt)
Lieblingsdiziplin: Radfahren
Rad: Izalco LTD
Erfolge 2007: Sieg beim Sachsenman Classic, 3. Platz Highlander Classic 2007, 15. schnellste Radzeit (mit Profis) Quelle Challenge Roth, 6. Platz Einzelzeitfahren Deutschland-Tour in Fürth, 4. Platz AK, 14. Platz Gesamt „Rund um den Henninger Turm“ 2007

Lieblings-Wettkampf: Quelle Challenge Roth, Sachsenman
Lieblings-Anstieg: Solarer Berg
Horror-Anstieg: Auf meiner Hausrunde im Renninger Industriegebiet kurz vor dem Ziel
Lieblings-Trainingsrunde: Von Leonberg über Pforzheim und Schömberg in den Nordschwarzwald
Meine größte Schwäche: Ungeduld, Perfektions-Wahn, Übertraining

So sieht für mich ein perfekter Tag aus: Früh aufstehen - die Sonne scheint schon ins Zimmer, nach einem leckeren Frühstück mit meinem Freund ab aufs Rad und kurbeln, bis ich keine Lust mehr habe. Danach Sonnenbaden und Kuchenessen auf der Terrasse. Abends zum Schwimmbad joggen und ein paar Bahnen zur Entspannung ziehen. Nach dem Abendessen müde, aber glücklich ins Bett fallen und vom nächsten Wettkampf träumen.

RB Miriam Mandt Ironman Lanzarote on the raod
Martin Böckelmann
Miriam Mandt: immer on the road.

Der Ironman Lanzarote im Überblick

Schwimmen: 3,8 Kilometer (zwei Runden im offenen Meer)
Radfahren: 180 Kilometer Rad mit 2.551 Höhenmetern auf der windanfälligen Strecke
Laufen: 42,195 Kilometer
50 Hawaii-Slots werden unter den Athleten verteilt
Erstaustragung: 1992

Der Ironman Lanzarote gilt aufgrund seiner Topographie und des extremen Klimas als der schwerste Ironman-Wettkampf der Welt.

RB Miriam Mandt Ironman Lanzarote Die Radstrecke
Martin Böckelmann
Die Radstrecke des Ironman Lanzarote.

Endlich Wochenende!

Schnell – oder besser: den Umständen entsprechend weniger schnell – werfe ich mich in meine sechs Lagen Kleidung. Die Sonne knallt vom wolkenlosen Himmel und wiegt mich in trügerischer Sicherheit. Aber als ich das freie Feld erreiche, bekomme ich den böigen Wind zu spüren und die Kälte wird bissig. Das Tuch, mit dem ich Mund- und Rachenraum schütze, friert immer wieder an meiner Nase fest.

RB Miriam Mandt Ironman Lanzarote wintertraining 3
Martin Böckelmann
Auch eine angefrorene Nase schreckt Miriam Mandt nicht bei ihren Runden durch die schwäbische Provinz.

Viele Radler sind nicht unterwegs, dafür aber viele Autos, und deren Fahrer sind – wie jeden Samstag – entsprechend genervt. Was aber kann ich dafür, dass sie den herrlichen Tag in ihren Blechkisten verbringen? Doch das reine Vergnügen ist das Training heute nicht: Bergab könnte ich schreien, so brennt die Kälte im Gesicht.

Ausnahmsweise fahre ich sogar lieber Berge hoch als runter. Auf den letzten Metern treffe ich eine Gruppe vom Radsportverein Gerlingen. Auch sie wollen nur noch eines: Ab ins Warme. Zum Laufen in der Kälte kann ich mich nicht mehr motivieren: Das Laufband im Fitness-Studio muss dran glauben und danach geht’s ab in die Sauna.

Am Sonntag ist im Würm- und Nagold-Tal die Hölle los: Langeweile kommt nicht auf, es gibt immer jemanden zu grüßen. Wobei das Grußverhalten von Rennradfahrern untereinander schon eine längere Analyse Wert wäre: Der eine nickt lässig mit dem Kopf, andere spreizen die Finger der linken Hand, wieder andere würdigen mich keines Blickes und starren in Profi-Pose verbissen geradeaus. Das soll jeder machen, wie er glücklich ist, ich aber freue mich unterwegs immer über ein nettes Wort.

Profis gegen Amateure? Ungerechtigkeiten in den Ironman-Klassen

Video: Nach dem Rennen - Miriam Mandt über den Ironman Lanzarote

Es ist immer dasselbe: Zunächst rede ich mir ein, dass mir Zeiten und Platzierungen bei meinen Wettkämpfen herzlich egal sind, aber je näher der Termin rückt, umso aufmerksamer lese ich die Starterlisten in meiner Altersklasse und frage mich: Wo werde ich diesmal landen?

Zu allem Überfluss bin ich am 10. März ganz ohne mein Zutun in eine andere Altersklasse gerutscht ... Die AK 30 gilt beim Ironman-Triathlon als eine der schwersten Klassen. Auch wenn ich die Hawaii-Quali schon alleine wegen meines eher bedächtigen Laufstils nie schaffen würde - Gedankenspiele müssen erlaubt sein. Ein Blick in die Starterlisten holte mich aber recht schnell auf den Boden der Tatsachen zurück, denn beim Ironman Lanzarote hat in meiner AK eine junge Frau gemeldet, die – so sehe ich die Sache – eigentlich als Profi starten müsste. Doch dafür gibt es keine einheitlichen Vorgaben: Wenn jemand meint, er sei „nur“ Age-Grouper und bestreite seinen Lebensunterhalt nicht durch den Sport - wie soll ich das Gegenteil beweisen?

Die Unterschiede zwischen ihr und mir liegen auf der Hand: Sie arbeitet als Trainerin, ich sitze den ganzen Tag am Computer! Bitte nicht falsch verstehen: Ich liebe meine Arbeit und könnte mir nichts schöneres vorstellen, aber dass wir beide einfach nicht in einer Liga spielen und doch um den einen Hawaii-Startplatz kämpfen, ist eine große Ungerechtigkeit.

Ich kann nicht verstehen, wie man das zulassen kann. Egal: Der Tag des Ironman ist lang genug und jeder muss sein eigenes Rennen machen. Wenn ich mir darüber Gedanken mache, verschwende ich nur meine Kraft!

2700 Höhenmeter – Miriam Mandts Geburtstagsfahrt

Video: Nach dem Rennen - Miriam Mandt über den Ironman Lanzarote

Es war ein sehr schöner Tag, und abends waren wir sogar zu müde, um Essen zu gehen. So wie die Strecke bei uns im Heft beschrieben wurde, haben wir auf rund 130 Kilometern mehr als 2700 Höhenmeter gesammelt, fast sechs Stunden waren wir unterwegs. In unserer Rubrik "Touren" findet Ihr die Tour zum Nachfahren.

Ein gutes Training für den Ironman, denn dort geht die 180-Kilometer lange Radstrecke über 2500 Höhenmeter. Das Wetter war zunächst sonnig, später zog es sich zu und fing zu regnen an. Los ging’s eher flach in Pforzheim, was auch gut so war, denn eigentlich taten uns die Beine noch vom Vortag weh. Den Anstieg nach Schömberg kannte ich schon, in Schwarzenberg sorgen wir im Dorf immer für Unterhaltung, da ist ja auch sonst nicht viel los.

Dann runter nach Höfen und rauf auf den Dobel, der sich gut und flüssig fahren lässt. Auf der Straße immer wieder Sprüche: „Mach et Ulle, go Lance“ – denn 2005 ging hier eine Tour de France-Etappe her. Bei diesen Erinnerungen an die guten alten Zeiten kann man richtig schwermütig werden. An der Kaltenbronner-Wand bin ich beinahe verzweifelt und wäre gerne abgestiegen: Der Wind wurde immer stärker, meine Beine immer kälter ... und zu allem Überfluss sind die schwäbischen Autofahrer Radlern gegenüber nicht gerade tolerant. Eher das Gegenteil: Wie oft wir an diesem Tag – obwohl wir hintereinander gefahren sind – angehupt, geschnitten und bedrängt wurden, kann ich gar nicht sagen.

Auf dem Rückweg bei Langebrand, als ich am Berg ein Stück vorgefahren bin, hörte ich hinter mir plötzlich lautes Reifenquietschen: Ich springe vom Rad und laufe ein Stück den Berg runter, weil ich mir Sorgen um Martin mache. Zum Glück sehe ich ihn laut fluchend um die nächste Kurve kommen: Ein Autofahrer hat ihn zu spät gesehen und musste voll in die Eisen treten... In Langenbrand geht bei mir gar nichts mehr, in einer Bäckerei kaufe ich mir einen Schokoriegel, um heil zum Auto nach Pforzheim zu kommen. Regen und Wind kosten Kraft und wir hatten nur einen Riegel und eine Trinkflasche dabei. Definitiv zu wenig.

Im Auto werfe ich erstmal die Sauna an und langsam kommt Leben in unsere kalten Glieder, noch ein Zwischenstopp bei meinem Lieblingsbäcker und eine sehr schöne Geburtstagsfeier ist vorbei.

Und das tut auch Not, denn beim Ironman Lanzarote kommen 2500 Höhenmeter zusammen, und der höchste Punkt der Strecke, der Mirador del Rio im Insel Norden, hat es wirklich in sich.

Wir wollten bereits früh los, doch das Wetter in Hofsgrund hielt zunächst nicht das, was der Wetterbericht für den Sonntag versprochen hatte. Wir zogen uns warm an, zu warm, wie sich spätestens am Kandel herausstellen sollte.

In rasender Fahrt ging es von Hofsgrund den Schauinsland hinab, den ich bereits am Vortag einmal locker hochgerollt war. Mit meinen neuen Lightweight-Laufrädern zu bremsen braucht schon etwas Übung und irgendwie habe ich die Ideallinie noch nicht gefunden.

Weiter ging es durch Freiburg nach Denzlingen und Waldkirch. Dort wartete mit dem Kandel der erste Scharfrichter dieser Tour und ich muss sagen, gegen den Hausberg der Stadt Waldkirch mit seinen 1241 m über NN ist der Schauinsland ein Hügelchen. Auf dieser Strecke sollte es mal ein Bergzeitfahren geben, denn auf 12 Kilometern kommen auf der Nordwestanfahrt 926 Höhenmeter zusammen. Bei einer maximalen Steigung von 15 Prozent wird man mit einem tollen Blick auf die Rheinebene, den Kaiserstuhl und die französischen Vogesen belohnt.

Unterwegs war mir so warm, dass ich mir sogar meine Winterjacke – ganz und gar nicht windschnittig – um die Hüften binden musste.

Leider wurde die Stille am Berg immer wieder von röhrenden Motorrädern unterbrochen, die um die Ideallinie nicht zu verlassen, gefährlich nah an mir vorbeischossen. Überhaupt: Wer am Wochenende im Schwarzwald radelt, teilt sich die Straßen mit vielen Autos, Wohnmobilen und Motorrädern. Alles in allem viel Verkehr, der einem die Freude an der tollen Landschaft manchmal nimmt.

Über St. Peter und St. Märgen ging’s weiter zum Thurner und über Neustadt, Titisee und Bärental rauf auf den höchsten Berg des Schwarzwaldes, den Feldberg mit seinen 1493 Metern. Dann runter nach Todtnau und über den Notschrei (1107 m) wieder nach Hofsgrund unterhalb des Schauinsland. Auch wenn wir an diesem Tag eigentlich noch den Belchen und den Schauinsland hochfahren wollten, waren wir mit unserer Leistung sehr zufrieden: 140 Kilometer und 2900 Höhenmeter waren es. Lanzarote kann kommen!

Rund um den Ätna: Bei den RoadBIKE Test- und Trainingswochen

Das launische Wetter in der Heimat machte uns den Abschied leicht, zumal wir uns schon lange auf die Insel gefreut haben. Organisiert und Veranstaltet wurde die Reise von Jochen Wälde und seinen „Friends on bikes“, den ich bereits seit meinem Start beim Highlander 2007 kenne. Wir landeten bei milden Temperaturen in Catania, schmissen die Koffer in die Ecke und konnten es gar nicht erwarten, uns auf die Räder zu schwingen. Aus dem langsamen Einrollen wurde eine Tempo-Trainingseinheit im Stil eines Zeitfahrens: Martin vorweg und ich im Windschatten hinterher. Wir waren also heiß aufs Rennradfahren.

Am nächsten Tag stand die erste Ausfahrt mit der ganzen Gruppe an. Eine gute Gelegenheit, um mit den anderen Urlaubern ins Gespräch zu kommen und für das Testcenter Werbung zu machen, das jeden Nachmittag an der Pool-Bar stattfand.

Sizilien hat mich sehr überrascht, so schön hätte ich’s mir nicht vorgestellt. Alles in Blüte, die Orangen- und Zitronenplantagen verbreiteten einen betörenden Duft. Dazu blaues Meer und Sonne, was will man mehr! Das Testcenter nutzen wir, um mit unseren Lesern und den Herstellern ins Gespräch zu kommen (mehr im Bericht in RoadBIKE 06/08). Abends genossen wir es, uns mit hungrigen Magen an den gemachten Tisch zu setzen und einmal nicht kochen zu müssen. Arbeiten mussten wir abends natürlich auch noch, denn während wir auf Sizilien waren, haben die Kollegen zuhause das Heft fertig gemacht.

Danach standen zwei Tage modeln für unseren Fotografen Daniel Geiger auf dem Programm: Alles sieht auf Fotos immer so einfach aus, aber Fotofahren ist harte Arbeit und Daniel verlangte uns mit viel Geduld viel ab, bis die perfekte Einstellung endlich im Kasten war. Letztendlich hat es sich gelohnt, denn herausgekommen sind schöne Fotos, die wir für eine Sizilien-Reisegeschichte im Herbst nutzen werden.

In diesen Tagen sind wir viel auf der Insel mit dem Leihwagen kreuz und quer gefahren und haben viel gesehen, was uns alleine vom Sattel aus versperrt geblieben wäre. Den Ätna haben wir als mächtigen Koloss erlebt, dessen Gipfel schneebedeckt war und an dessen Mittelstation dicke Wollmütze und Handschuhe Pflicht waren: Wie haben wir gefroren in unseren dünnen Radelklamotten!

In der zweiten Woche war für uns Kilometersammeln angesagt: 1100 sind es schließlich geworden. Ein paar Mal bin ich auch anschließend gelaufen, aber mein Ausflug mit dem Neo ins Meer hat mich zur Verzweiflung gebracht, denn im offenen Meer zu schwimmen, ist etwas völlig anderes als im Hallenbad.

Orientierung und Vortrieb fielen mir schwer und ich weiß gar nicht, wie das auf Lanzarote werden soll. Ich tröste mich damit, dass das Meer früh morgens meistens spiegelglatt ist und kein Lüftchen weht, hoffen wir mal, dass es auch am 24. Mai so ist. Wenn ich darüber nachdenke, wie bald dieser Termin da ist, bekomme ich es mit der Angst zu tun, denn meine Fitness ist noch weit von dem entfernt, wo ich sie gerne hätte. Zwar komme ich gut die Berge hoch, kann aber nicht einschätzen, wie ich die lange Strecke von 180 Kilometer verkrafte, denn seit letztem Jahr bin ich nicht mehr so lange unterwegs gewesen.

Das längste, was wir im Trainingslager gemacht haben, waren 140 km und das auch mit weniger Bergen. Aber egal: Ich versuche meine Anspannung in den Griff zu bekommen und sage mir. Auf Lanzarote zählt alleine das Ankommen und der Spaß am Wettkampf.

Leistungsdiagnostik: Treffen des RoadBIKE-Jedermann-Teams

Video: Nach dem Rennen - Miriam Mandt über den Ironman Lanzarote

Nach einigen Telefonaten und E-Mail-Verkehr haben wir uns gefreut, die Leser, die unser Magazin beim Ötztaler Radmarathon mit ihrer Leistung vertreten werden, endlich persönlich kennen zulernen. Alle sind sehr nett und auf dem Rad schnell unterwegs. Wir sind sicher, die richtige Wahl getroffen zu haben.

Nach der Materialausgabe ging es auf eine erste Ausfahrt mit der Gruppe, zum Glück ohne Berge, denn die Beine taten mir noch von Sizilien ganz schön weh. Einigen Teammitgliedern waren die Freude und der Stolz über das tolle neue Material und die Ausrüstung auf Profi-Niveau deutlich anzumerken. Am Abend war Zeit, um sich und die teilnehmenden Firmen, Partner und Sponsoren genauer kennen zu lernen. Weitere Infos zum RoadBIKE-Jedermann-Team auch unter http://www.teamalpecin.de.

Am nächsten Tag stand die Leistungsdiagnostik mit der betreuenden Uni Bielefeld auf dem Programm (Mehr dazu auch in Heft 06/08). Maren Ostermeier und Tim Brinkmann erläuterten den Teilnehmern genau, welches Verfahren zur Leistungsdiagnostik sie anwenden, und zeigten die Unterschiede zum sonst gebräuchlichen Stufentest auf.

Bevor die Teilnehmer in die Pedale traten, wurde mit zwei portablen AKG-Geräten eine Ruhe-EKG erstellt. Als ich an der Reihe war, hatte ich Probleme, meinen Puls wie gefordert in die Höhe zu bekommen. Die Vorbelastung vom Trainingslager steckte mir wohl noch zu sehr in den Knochen und man wird sehen müssen, wie aussagekräftig die Werte der Leistungsdiagnostik für mich wirklich sind.

Die Werte haben wir noch nicht, aber ich bin schon sehr gespannt, auf meinen neuen Trainingsplan für den Ötztaler, wobei natürlich das Training für den Ironman in den nächsten beiden Wochen erst einmal vorgeht. Richtig viel trainieren werde ich eh nicht mehr können - aus Zeitgründen und weil ich mich nicht kaputt machen will.

Am Wochenende geht’s zum Rädertest mit Michel Rich in den Schwarzwald und ich hoffe, dass wir dort noch ein paar Höhenmeter werden machen können. Gestern habe ich mich bei dem Gedanken ertappt: Ich bin auch froh, wenn die Vorbereitung endlich vorbei ist und ich wieder aus Lust und Laune aufs Rad steigen kann und mir kein schlechtes Gewissen machen muss, wenn mir einmal die Zeit dafür fehlt. Denn die Freude am Sport bleibt bei all dem Erfolgs- und Leistungsdruck leider etwas auf der Strecke. Ich freue mich schon auf die Saison nach dem Ironman, denn es gibt noch so viele schöne Wettkämpfe und Rennen, an denen ich teilnehmen will, und ich hoffe sehr, heuer von einem Sturz verschont zu bleiben.

Kurz vor dem Rennen: Die (scheinbare) Ruhe vor dem Sturm

Video: Nach dem Rennen - Miriam Mandt über den Ironman Lanzarote

Komisch, aber für mich war das Wiedersehen mit dem schwarzen Lavasand und dem starken Wind ein bisschen wie Heimkommen, denn immer und immer wieder habe ich seit Herbst im Training versucht, mich an die Radstrecken zu erinnern.

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Martin Böckelmann
Miriam Mandt am Start der Fahrrad-Strecke.

Nach dem Einchecken im Hotel haben wir uns an den Radaufbau gemacht: Zum Glück war alles heil geblieben. Beim Abendessen dann die ersten neugierigen Blicke: Wer von den Anwesenden nimmt wohl auch am Ironman teil? Wer ist ein „normaler“ Urlauber?

Am Mittwoch sind wir mit den Rädern (90 km) nach La Santa gefahren, um die Startunterlagen abzuholen und bei dieser Tour haben wir den gefürchteten Wind mit voller Wucht zu spüren bekommen: Auf einigen Teilstücken, wie zum Beispiel runter nach Caletta de Famara, konnte ich mir nicht anders helfen, als in Unterlenker-Position zu fahren und mich gegen den Wind zu stemmen. Auf dem Aero-Lenker zu liegen war für mich bei dem Sturm undenkbar und ich war heilfroh, kein Zeitfahrrad mit Hornlenker, sondern ein „normales“ Rennrad mit auf die Insel genommen zu habe.

Auch meine extra für den Wettkampf montierte Übersetzung 11-28 hat perfekt gepasst, denn so konnte ich auf den abschüssigen Passagen immer sehr gut treten. Zu dieser Übersetzung kann ich jedem nur raten, denn ich habe viele Sportler gesehen, die mit ihrer Übersetzung am Berg fast stehen geblieben sind und in der Ebene nicht treten konnten.

Wir waren froh, abseits des Ironman-Trubel in Puerto del Carmen und La Santa im kleinen Ort Costa Teguise Quartier bezogen zu haben, denn mich macht es sehr nervös, wenn man den ganzen Tag seine scheinbar viel besser trainierte Konkurrenz sieht, die dann kurz vorm nahen Wettkampf noch ein Hammer-Training absolviert.

Nachdem wir am nächsten Tag meine Eltern und Schwester an der Fähre in Playa Blanca abgeholt haben, konnte der Ironman kommen. Auch etwas anderes kam: Anscheinend hatte ich mir irgendwo einen Magen-Darm-Virus eingefangen. Ich fühlte mich mies und den Abend der Pasta-Party habe ich im Bett verbracht. Auch am nächsten Tag beim Rad-Check-in habe mich sehr mies gefühlt, und ich glaube, meine Familie hat zu diesem Zeitpunkt wohl nicht damit gerechnet, dass ich das Ziel in Puerto del Carmen erreiche.

Ich habe mich nicht beirren lassen, viel geschlafen und vor Allem nicht nachgedacht. Für mich stand fest: Ich habe nicht ein halbes Jahr trainiert und bin zweimal auf die Insel gekommen, um dann doch nicht hier zu starten.

Der große Tag

1. Das Schwimmen:
Mein Magen war noch nicht wieder ganz okay, so viel war klar. Also schnell ab in den Neo und schnell - sozusagen als Frühstück - zwei Vomex eingeschmissen. Ich habe gehofft, dass ich danach nicht auf dem Rad einschlafe, denn sie machen mich immer extrem müde.

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Martin Böckelmann
Miriam Mandt (rosa Badekappe) nach 3,8 Kilometern im Wasser.

Schade, dass die Stimmung am Strand nicht so toll war: Hier können sich die Organisatoren ein Beispiel an Klagenfurt und Roth nehmen, wo vor dem Start Gänsehaut-Feeling herrscht. Dann gingen das „Gekeile“ los, und nachdem unzählige Männer über mich hinweg geschwommen sind, habe ich mich schon gefragt, ob ich mich zu weit vorne aufgestellt hatte. Zum Glück hat sich die Situation nach etwa einem Kilometer beruhigt und das ärgste Getümmel hat sich aufgelöst. Ich habe es langsam angehen lassen, denn erstens konnte ich mich noch zu gut an die Schmerzen in Roth erinnern, wo ich zu schnell los geschwommen war und zweitens wusste ich nicht, ob mein Magen hält.

Das Wasser war ruhig und der Kurs – selbst für Orientierungs-Analphabeten wie mich – gut zu machen. Mit der Schwimmzeit bin ich zufrieden, wenn man bedenkt, dass es sich um ein offenes Gewässer handelt. Die Wechselzone in Lanzarote ist ewig lang, das zeigt sich auch an den Wechselzeiten, die sich bei mir auf eine Viertelstunde addieren. Schade, dass ich hier so viel hart erkämpfte Zeit verschenkt habe.

2. Auf dem Rad:
Aufsteigen und Wohlfühlen – das galt an diesem Tag für mich und mein Rad, auch wenn ich gespürt habe, dass der Wind noch stärker als an den Vortagen war. Zwischendurch habe ich die deutsche Duathletin Ulrika Schwalbe getroffen, zunächst konnte ich gut mithalten, später musste ich sie ziehen lassen. Dass sie das Rennen aufgeben musste, tat mir sehr leid.

Die Radstrecke auf Lanzarote sucht mit ihren 2500 Höhenmetern ihresgleichen: Die Berge habe ich weniger gespürt, das hatte ich gut trainiert, aber der Wind hat mir schon zu schaffen gemacht, ich musste mir immer wieder gut zureden, den Mut nicht zu verlieren und nicht nachzulassen. Auf dem etwa 60 Kilometer langen Stück vom Mirador del Rio zurück nach Puerto del Carmen konnte ich einige Plätze gutmachen, wurde aber auch überholt. Ich denke, ohne den Infekt hätte ich hier noch mehr Substanz gehabt, um gegen den Wind zu beißen. Dass ich dann bei Kilometer 170 noch einen Platten hatte (ich glaube es war ein Durchschlag), ist zwar ärgerlich, aber mir ging es nicht alleine so. Lanzarote gilt als härtester Triathlon der Welt und stellt die härtesten Anforderungen an Mensch und Material, auch wenn die meisten Straßen in den letzten Jahren neu asphaltiert worden sind. Mit meiner Radzeit von 6:33 h bin ich zufrieden, noch besser wäre es sicher ohne Platten gelaufen.

So ist es dann inklusive Profis die 18. beste Radzeit bei den Damen geworden. Eines weiß ich trotzdem: Ich komme wieder, da geht noch was!

3. Das Laufen:
Wer mich kennt, weiß, dass der Ironman für mich nach dem Radfahren zu Ende ist, denn Laufen ist für mich nur Zugabe. Doch diesmal habe ich mir vorgenommen, locker durchzulaufen. Das Problem war nur: Kleine Erhebungen werden nach 180 Kilometern auf dem Rad zu hohen Bergen und so musste ich bei den Hügeln auf der Laufstrecke oft gehen.

Gut, dass ich nicht alleine war. Meine Schwester Kristina, meine Freund Martin und meine Eltern haben mich immer wieder angefeuert und moralisch aufgebaut. Die Laufzeit ist natürlich nicht berauschend, aber im Ganzen bin ich mit der Gesamtzeit von 13:04 h zufrieden. Das ist der 38. Platz bei den Frauen. Gequält habe ich mich schon, aber bereits am nächsten Tag, nachdem ich meine Post-Wettkampf-Depression, die mich immer plagt, etwas überwunden hatte, stand für mich fest: Ich komme wieder, am liebsten sofort! Ich liebe die schwarzen Lavafelder, das blaue Meer, den Wind, die schroffen Berge und den blühenden Hibiscus!

Für mich steht dieses Rennen wie kein anderes für den ursprünglichen Geist des Ironman: Aloah-Spirit wie sonst nur auf Hawaii. Durch den Schmerz hin zur Erlösung, und ich kann jedem Sportler nur empfehlen, diesen Wettkampf zu absolvieren. Es war der schönste Ironman, den ich je gemacht habe!

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04 / 2023

Erscheinungsdatum 01.03.2023